Wege des Wassers – Eine sinn.liche Armatur

Das primäre Ziel des Projektes con.Sense bestand darin, sich all seiner Sinne bewusst zu werden, über die visuellen Aspekte des Designs hinaus zu gehen und am Schluss ganzheitlich in ein sinn.volles Produkt einfließen zu lassen.
Die ersten Etappen bestritten wir als Dreier-Team gemeinsam. Zum Ende des Semesters sollte jeder von uns die gewonnen Eindrücke auf ein eigenes Produkt anwenden.
Sinn, Sinne, Sinnlichkeit.
Sehen, visuell
Farbe
Form
Oberfläche
Komplexität
Bewegung
Hören, auditiv
Eigenklang
Feedback
Betriebsgeräusche
Riechen, olfaktorisch
Eigenaroma
Material
Schmecken, gustatorisch
natürliches Aroma
künstliches Aroma
Tasten, haptisch
Dimension
Formprinzip
Oberfläche
Komplexität
Gewicht
Temperatur
Der siebte Sinn
Gefühl
Semantik
Assoziation
Nach umfassenden Experimenten, Übungen und Recherchen, erstellten wir einen umfangreichen Katalog nichtvisueller Material-Taststücke, die unter sinn-ästhetischen Gesichtspunkten untersucht werden können.
Atlas der nichtvisuellen Wahrnehmung
Diese Sinnpalette umfasst die Bereiche Konsistenz, Material, Oberfläche, Radientopologie, MaterialMix und Feedback. Sie ist in der Fachhochschule Magdeburg-Stendal frei zugänglich und kann auch bei künftigen Projekten genutzt und erweitert werden.


Kann man…
Klänge sehen? Farben fühlen? Formen hören?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich ging in mich.
Ich stelle mir einen tiefen Fichtenwald vor. Sitze auf einer dicken Schicht kühlen Mooses. Nicht weit entfernt plätschert ein Bach über große runde Steine. Ich atme tief ein. Schmecke die kühle Luft. Es riecht etwas modrig, nach Holz und feuchter Erde.
Harzig und ein wenig blumig vielleicht. Ich höre den beruhigenden Klang des Wassers, der mich forttragen mag. Höre das unverwechselbare Lied des Windes, der durch hohe Fichtenkronen rauscht. Fühle das weiche Moos unter den Fingern. Einen sachten Hauch im Gesicht. Spüre die Schatten der Bäume und das Leben um mich herum.
Eine beruhigende Vorstellung. Die Kräfte der Natur sind gegenwärtig. Was sonst berührt den Menschen so stark, wie die Macht der Elemente? Im positiven, wie auch im negativen Sinne. Ich komme zurück und stelle mir die Frage, wie sich solche oder andere tief berührende Gefühle in ein alltägliches Produkt stecken lassen.
Haben Sie sich auch schon gefragt, wie Ihr mp3-Player wohl schmeckt, wenn sie ein bestimmtes Lied hören?
Nichts berührt den Menschen so stark, wie die Kraft der Elemente.
Mit diesem Gedanken begann das Gefühl von einer Idee von einem eigenen sinn.vollen Produkt.
Welche Elemente gibt es denn? Viele, im Sinne der Chemie. Nein, ich wollte ja nicht wissenschaftlich heran gehen. Also was haben wir? Feuer, Erde, Luft und Wasser. Liebe vielleicht? Kann man die Seele als Element bezeichnen? Als etwas Elementares sicher. Oder haben die urgewaltigen Elemente selbst eine Seele, die ich erfassen kann? Alle Aspekte spenden Leben. Doch sind sie auch gefährlich. Lebensbedrohlich. Anfang und Ende.

Von allen Essenzen, die ich mir denken konnte, hat mich am meisten das Wasser fasziniert. Seine fließende Kraft. Seine Vielseitigkeit.
Die Natur des Wassers begreifen
Wie nehme ich Wasser wahr? Eine Auswahl…
Sehen, visuell
Form
Reflexion
Lichtspiel
Bewegung
Hören, auditiv
Rauschen
Plätschern
Fließen
Tropfen
Riechen, olfaktorisch
See
Teich
Meer
Fluss
Bach
Badewasser
Schmecken, gustatorisch
Quelle
Mineralwasser
Pfütze
Meer
Tasten, haptisch
kraftvoll
scharf
samtig
eisig
heiß
Der siebte Sinn
Mystik
Reinheit
Kraft
Anmut
Sinnlichkeit
Urgewalt
Wasser berührt uns täglich.
Ob wir nun schwimmen gehen, uns auf hoher See befinden, vom Hochwasser in den Nachrichten lesen, ein Aquarium besitzen, ein Glas Mineralwasser trinken, oder morgendlich verpeilt versuchen, die richtige Temperatur zum Duschen zu erwischen… Wasser berührt uns täglich. Auf vielfältige Art und Weise.
Der Wasserhahn
Ich frage mich, ob es einen Gegenstand in meinem Lebensumfeld gibt, den ich so häufig benutze, wie den Wasserhahn. Schon am frühen Morgen befasse ich mich gleich mit drei verschiedenen Varianten. Beim Zähne putzen, beim Duschen, beim Kaffeekochen, in Bad und Küche.
Bis ich mich an die Arbeit setze, habe ich mir schon ein paar mal zwischendurch die Hände gewaschen. So wie es beginnt, läuft es den ganzen Tag. Wasserhähne in der Uni, Wasserhähne bei der Kleinen im Kindergarten, … die Liste ist lang.
Wenn ich mir die Exemplare so ansehe, mit denen ich so viel zu tun habe, stelle ich fest, dass die meisten vor allem eines sind: schlicht und funktionell. Das ist mit Sicherheit auch gut so. Ehrlich gesagt, nehme ich sie als solches normalerweise kaum wahr. Ich denke höchstens darüber nach, wenn sie nicht tun, was sie sollen.
Vom esoterischen Sinneswandel zurück zur Wissenschaft
Recherchen zur Technik:
Wie funktioniert so ein Wasserhahn eigentlich? Welche Varianten zur Bedienung gibt es? Ich fand Hähne zum Aufdrehen, Hebel und Sensortechnik. Sensoren sind prima! Nur die Anmutung des „Knöpfchendrückens“ gefiel mir noch nicht.
Auch an Formen und Material fand ich viele Varianten. Besonders schön sind offene Wasserläufe. Sie werden der fließenden Natur des Wassers am ehesten gerecht. Warum zeigen die wenigsten Wasserhähne, woher das Wasser kommt?
Materialien, aus denen ich mir mein Produkt vorstellen kann, sind Keramik, hochwertiger Kunststoff und Glas. Vor allem aber sollte in die Bedienung der Armatur ein sinnliches Erleben einfließen. Die Geste muss kraftvoll und sanft zugleich sein.
Form und Handhabung
Sensortechnik
Die Auf- und Abwärtsbewegung der Hand stellt das Wasser stufenlos ein. Die Temperatur wird über die Fläche oben geregelt. Die Bewegung ähnelt dem Lauf der Sonne. Der Sonnenaufgang ist kühl, der Höchststand am Mittag wird heiß, eine Abwärtsbewegung lässt das Wasser wieder kühler werden.


Prototyping | Modellbau

Material und Werkzeug
An die Form meines Modells habe ich mich auf künstlerische Weise heran getastet. Zunächst habe ich einige Vormodelle aus Knete angefertigt, um ein Gefühl für die Grundform zu bekommen. Dabei stellte sich heraus, dass es von großem Vorteil ist, das Material mehrfach hinzufügen und abtragen zu können. Für das finale Modell entschied ich mich für Ton.

Kein leichter Werkstoff
Das Material ist gut, der Umgang damit bedarf jedoch einiger Übung.

Mit Geduld und Spucke
Der größte Vorteil besteht darin, dass sich aus Ton sowohl sehr freie und schwungvolle Formen schaffen lassen, als auch sehr scharfe und klare Kanten. Ist das Material trocken genug, lässt es sich mit Schleifklötzen, Feilen und Sandpapier auf sehr exakte Formen bringen. Ist der Ton aber durchgetrocknet, wird diese Arbeit höchst mühsam.
Der nächste Schritt
Für ein tatsächlich funktionierendes Produkt wären noch viele Überlegungen und Versuche notwendig. Wie lässt sich die notwendige Technik integrieren? Wie müssen Wasserlauf und Abrisskante genau gestaltet sein, um einen perfekten Fluss zu erreichen? Kann die Bedienung der Armatur noch intuitiver gestaltet werden, oder liegt das Besondere gerade in der „magischen“ Geste?
Trotz der noch offenen Fragen war dieses Projekt für mich eine buchstäblich sinn.volle Erfahrung.
